Standortbestimmung

Ein Interview mit IMG-Geschäftsführer Thomas Einsfelder, Barbara Weinert-Nachbargauer, Bereichsleiterin Marketing und Marc Pappert, Prokurist und Bereichsleiter Investoren­service zum Thema Neuausrichtung der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.

Herr Einsfelder, im Jahr 2017 haben Sie die Geschäftsführung der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt übernommen und die Neuausrichtung der IMG umgesetzt. Welche Vision hat Sie dabei geleitet?

Thomas Einsfelder: Wir verfolgen konsequent die Ziele des neuen Leitbildes, die Wirtschaftskraft und das Image Sachsen-Anhalts zu stärken. Wir verstehen uns als zentraler Servicepartner aller Unternehmen und Investoren, die in unserem Bundesland investieren, weiterwachsen und expandieren wollen sowie als Kompetenzzentrum für alle zukunftsweisenden Themen mit internationalem Vermarktungspotenzial. Partnerschaft und Kooperation sind der Schlüssel für Ansiedlungs- und Wachstumserfolge, darüber hinaus ist es unser Anspruch, alle relevanten Unternehmen und Branchen genau zu kennen, denn nur so werden wir unserer Aufgabe der Vernetzung aller Akteure gerecht. Wir brauchen das enge Zusammenspiel, um den Wirtschafts- und Forschungsstandort auch international sichtbarer zu machen und ein positives Image zu erreichen. Wir als Wirtschaftsförderer sind quasi Wegbereiter und Wegbegleiter für eine positive Entwicklung der Wirtschaft des Landes. Dabei agieren wir in enger Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium und unseren Netzwerkpartnern.

Um neue Investoren zu gewinnen und die Wirtschaftskraft in Sachsen-Anhalt auszubauen: Welche Kernaufgaben haben Sie, Herr Pappert, als Prokurist und Bereichsleiter Investorenservice identifiziert?

Marc Pappert: Zum einen möchten wir ganz klassisch neue Investoren für das Bundesland begeistern und sie vom Erstkontakt bis zur Ansiedlung begleiten und sie darüber hinaus intensiv betreuen. Dafür fokussieren wir entlang konkreter Bedarfe und festgelegter Zielmärkte und -branchen, geleitet von unserer neuen Akquisitionsstrategie, etwa um bestehende Cluster weiter zu stärken. Zum anderen halte ich es für eine besonders wichtige Aufgabe, bestehende Unternehmen, vor allem im Mittelstand, bei ihren Vorhaben aktiv zu begleiten und sie bei ihrer Entwicklung zusammen mit den Partnern im Land optimal zu unterstützten. Dabei nutzen wir unser Netzwerk und setzen auf gemeinsame Erfolge. Bestes Beispiel sind unsere Kooperationsvereinbarungen mit Kommunen und regionalen Wirtschaftsförderern. Technologieorientierte Startups und neu angesiedelte Unternehmen integrieren wir ebenfalls in eine systematische Betreuung. Unser Ziel: Regionale Wertschöpfungsketten verdichten und den Wandel zum zukunftsweisenden modernen Standort vorantreiben.

„Unsere Aufgabe: Vernetzung aller Akteure“

„Die Stärken des Landes weiter nach vorne spielen“

Bei der Attraktivität des Standorts geht es nicht nur um reine Wirtschaftsdaten, sondern auch um das Image des Landes. Wie erreichen Sie als Bereichsleiterin Marketing positive Effekte für Standort und Tourismus, Frau Weinert-Nachbagauer?

Barbara Weinert-Nachbagauer: Im Marketing spielen immer „harte“ und „weiche“ Faktoren zusammen. Sachsen-Anhalt ist attraktiv, innovativ, modern und ein immer beliebter werdendes Reiseziel – diese Wahrnehmung unterstützen wir durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Werbekampagnen. Gleichzeitig setzen wir auf datengestütztes Marketing und Analysen, um frühzeitig Trends und Entwicklungspotenziale zu verfolgen und   um unsere Zielgruppen national wie auch international bestmöglich zu erreichen. Auch hier ist ein tragfähiges Netzwerk entscheidend, um Entwicklung und Wertschöpfung im Land zu steigern und eine positive Wahrnehmung vom Wirtschafts-, -Tourismus- und Lebensstandort Sachsen-Anhalt zu erzielen.

Eine Modernisierung erfordert natürlicherweise auch neue Arbeitsprozesse, das Abschneiden „alter Zöpfe“. Wie haben Sie sich intern neu aufgestellt?

Thomas Einsfelder: Die IMG hat sich mit dem Bereich Investorenservice und Marketing in einem Zwei-Säulen-Modell organisiert, in dem die Kernaufgaben verschränkt und Effizienzgewinne möglich sind. Beispielsweise ist die Standortwahrnehmung durch die Investoren nicht nur durch Wirtschaftsdaten geprägt, sondern oftmals durch das Image, die Innovationskraft und den Freizeitwert des Landes. Dies denken wir nun integriert, was ein übergreifendes Verständnis aller Kolleginnen und Kollegen erfordert. Diese unterstützen wir mit einer strategischen Mitarbeiterqualifizierung, um den Erfordernissen der modernen Ausrichtung gerecht zu werden. Gleichzeitig haben wir uns als Unternehmen flexibel aufgestellt: Die Möglichkeiten zu mobilem Arbeiten und die Vertrauensarbeitszeit sowie unsere Zertifizierung durch das Programm „Beruf und Familie“ zeigen, dass wir die Belange unserer Beschäftigten im Fokus halten. Ihre Zufriedenheit ist uns sehr wichtig, denn nur mit hochqualifizierten Spezialistinnen und Spezialisten, wie wir sie im Haus haben, können wir die besten Dienstleistungen für Unternehmen erbringen.

Wie messen Sie die Erfolge Ihrer neuen Strategie bei der Umsetzung der identifizierten Kernaufgaben?

Marc Pappert: Zu einer modernen Wirtschaftsförderung gehört auch die Implementierung und Orientierung an einem Kennzahlensystem. Mit den so genannten „Key Performance“ Indikatoren messen wir direkt die Auswirkungen unserer strategischen Ausrichtung, etwa die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze, Investitionsvolumina oder die Nachfrage nach unseren Serviceleistungen. Darüber hinaus gibt es Erfolgsindikatoren wie die Anzahl neuer Projekte oder die Messung von Marketingmaßnahmen über verschiedene Kampagnen und Kanäle. Dadurch sind wir in der Lage, die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen im Hinblick auf unsere Geschäftsstrategie und die damit verbundenen Ziele zu überprüfen. Dies erfolgt nicht zuletzt über Quartalsreportings. Ein weiterer Vorteil: es ermöglicht uns bei Bedarf das frühzeitige Gegensteuern im Projektgeschäft und zeigt Entwicklungspotenziale in der Anbahnung neuer Investorenkontakte auf. Darüber hinaus bieten wir mithilfe unseres Key Account Managements ein integriertes Angebot für bereits ansässige Unternehmen, beispielsweise im Bereich der Internationalisierung. Die Kennzahlen sowie Themen des Key Account Managements werden über unser System ebenfalls erfasst.

Integriertes Standortmarketing wird heutzutage vor allem durch smartes Datenmanagement und Digitalisierung unterstützt. Wie weit ist die IMG in dieser Hinsicht?

Barbara Weinert-Nachbagauer: Aktuell entwickeln wir wichtige Grundlagen für die Professionalisierung unseres digitalen Marketings. Unser Herzstück SAiNT – Sachsen-Anhalt intelligent Networking Tool – verbindet dabei verschiedene dezentral gepflegte Datenbanken und wird perspektivisch über diverse Ausgabekanäle verschiedene georeferenzierte Wirtschafts- und Tourismusstandorte aufzeigen. Der Clou dabei: auch unsere Partner können davon profitieren und auf diesen Datenpool zurückgreifen, um ihn für ihre eigene digitale Kommunikation zu verwenden.   Darüber hinaus verfolgen wir besonders im Bereich Tourismusmarketing, aufbauend auf unserem Masterplan Tourismus 2027, eine klare integrierte Strategie: Crossmedial werden in definierten Quellmärkten im In- und Ausland Kampagnen lanciert und ausgewertet. Die IMG versteht sich als Kompetenzzentrum eines Netzwerks von Partnern und ist am Puls der Zeit bei Marktforschung, Auslandsmarketing und Themenmarketing. Bestes Beispiel ist die übergreifende Kampagne „Echt Schön. Sachsen-Anhalt“, die viele Reisethemen und Gästebedürfnisse unter einem Dach vereint und diese zielgruppengerecht ausspielt.

Wohin soll nun der Weg die IMG in Zukunft führen?

Thomas Einsfelder: In unserer Geschäftsstrategie 2021/2022 haben wir uns klare operative Ziele gesetzt: Investorenservice und Marketing wollen wir mit unseren Partnern modern denken und weiterentwickeln. Intern implementieren wir beispielsweise ein bereichsübergreifendes Kundenmanagementsystem und eine elektronische Rechnungslegung. Dafür haben wir Anfang 2021 unsere IT komplett neu aufgestellt und modernisiert. Zeitgemäß agieren wir auch im Bereich Wirtschaftsförderung: Wir werden verstärkt auf eine nachhaltige und „grüne“ Standortvermarktung setzen und die Stärken des Landes weiter nach vorne spielen, seien es die hochinnovativen Forschungs- oder die Branchen-Cluster in den Bereichen Chemie, Automotive oder Bioökonomie. Wir haben früh erkannt, dass das Fachkräftemanagement ein bedeutender Faktor einer wirtschaftlichen Entwicklung darstellt und uns mit Spezialisten verstärkt. Außerdem wird uns in den kommenden Jahren besonders der Strukturwandel beschäftigen. Unsere vielfältigen Aufgaben bewältigen wir nur mit starken Weggefährten, deshalb werden wir weitere Kooperationen und Netzwerke eingehen, etwa mit internationalen Wirtschaftsförderungen, mit Clustern oder über ein Botschafternetzwerk. Unser Ziel: Eine der modernsten und besten Wirtschaftsförderungen Europas zu sein und Sachsen-Anhalt nach vorne bringen!

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